N eue Technologien bieten neue Chancen, vor allem für die öffentliche Verwaltung. Viele Prozesse laufen weiter manuell oder über Papierakten, da eine sichere Authentifizierung über die bisherigen Möglichkeiten digital nicht oder nicht rechtssicher umsetzbar ist. Die Blockchain-Technologie bietet hier einen ganz neuen Ansatz, der für sichere Identifizierungen, Register und zahlreiche Verwaltungsprozesse eingesetzt werden kann.
Alle Bürger Estlands haben eine digitale Identität und können damit 99 % aller staatlichen Dienstleistungen rund um die Uhr nutzen. Die digitale Identität wird beispielsweise für die Identifizierung bei Banken oder Wahlen genutzt und es können rechtsverbindliche Unterschriften ausgeführt werden. In Estland dauert es nur 18 Minuten, um eine Firma zu gründen. Obwohl sich das Land Cyberangriffen auf Parlament, Banken, Ministerien, Zeitungen und Rundfunkanstalten ausgesetzt sah, hielt die Technologie stand. Der Grund ist, dass das Identity- und Access-Management mittels Blockchain-Technologie gehandhabt wird. Seit 2012 werden in allen Regierungsnetzen, Blockchains als Integritätssichten eingebaut. Dadurch entsteht eine vollständige Transparenz zwischen Regierung und BürgerInnen, sowie Fälschungssicherheit von Dokumenten und folglich 100% Vertrauen in Regierungsdokumente.
E-Estonia wie das auf Blockchain basierte Datenmanagementsystem heißt, wird auch im estnischen Gesundheitswesen kosteneffizient genutzt. So besitzen 99% der Esten eine digitale Patientenakte, auch Verschreibungen (eRezept) werden über die Blockchain abgewickelt und die Verwaltung erfolgt unkompliziert über das Smartphone. Auch in Deutschland würde die Digitalisierung des Gesundheitssystems vom Einsatz der Blockchain-Technologie profitieren. Telemedizin und einen Gesundheitsmanagement mit der Möglichkeit des Datenaustauschs, könnten durch Transparenz sicher umgesetzt werden. Mit der „keyless signature infrastructur“ (KSI Blockchain) haben die Esten eine Infrastruktur geschaffen die Nachvollziehbarkeit und Interoperabilität zwischen öffentlichen und privaten Dienstleistungen ermöglicht.
Die Staatskanzlei des Kanton Zürich hat einen Leitfaden für den Einsatz der Blockchain-Technologie in der kantonalen Verwaltung verfasst. Darin wird der Mehrwert der Blockchain-Technologie für Geschäftsfälle aufgezeigt. Dazu wurden die Geschäftsfallkategorien Kontrolle und Vertrauen, Effizienz, Datensicherheit sowie Verbreitung und Zusammenarbeit gebildet und für diese die durch Blockchain induzierten Mehrwerte erarbeitet. Die Blockchain-Technologie sorgte in der Kategorie Kontrolle und Verbrauch für eine Verbesserung der Dokumentation und Haftung sowie zu einer verbesserten Risikoabschätzung.
Die Effizienz der Verwaltungsprozesse konnte enorm gesteigert werden, das bedeutet weniger Personal und insgesamt deutlich geringere Kosten für die Steuerzahler. Ein Mehrwert in der Datensicherheit entsteht zudem durch verbesserte Datensicherheit und Redundanzen sowie einer erhöhten Zuverlässigkeit der Daten. Die Blockchain-Technologie schafft für die Geschäftsfallarten Antragsverfahren, Verträge, Verfügungen und Umsetzungen von Gesetzen sowie Registerwesen den größten Mehrwert. Zu beachten ist, dass es für verschiedenen Geschäftsfallarten unterschiedliche Blockchain-Technologien besser oder schlechter geeignet sind. Beispielsweise ist eine öffentliche Blockchain für Anmeldeverfahren besser geeignet, während für die Geschäftsfallart Verträge, Verfügungen und Gesetzte eine private, bzw. geschlossene Blockchain empfehlenswert ist.
Die norwegische Steuerverwaltung setzt Blockchain-Technologie ein, um Dokumente aus Steuererklärungen zu sichern, unveränderlich zu machen und um diese sicher aufzubewahren. Ebenso setzt Norwegen die Blockchain-Technologie für Landtitel, z.B. für Urkunden, ein. Dadurch wird eine systematische Aufbewahrung von Eigentumsaufzeichnungen ermöglicht oder kommt bei nicht komplett vertrauenswürdigen Organisationen zum Einsatz. So werden beispielsweise bei Eigentumsübertragungen die Rechte der Grundstücksbesitzer geschützt, indem unautorisierte Änderungen verhindert werden.
Deutschland im digitalen Mittelfeld
Deutschland ist noch weit von der Digitalisierung entfernt und liegt auf Platz 12 (2020) des EU-Digitalisierungsindexes DESI und damit nur knapp über dem Durchschnitt. Dabei sollte Deutschland als Erfinder der effizienten Verwaltung doch gerade neue Technologien einsetzen, um die administrativen Prozesse ins 21. Jahrhundert zu überführen. Gerade als viertgrößte Volkswirtschaft, Wirtschafts- und Wissensstandort, ist es wichtig dranzubleiben und nicht den Anschluss zu verlieren. Wieso nicht den geschröpften Steuerzahler entlasten? McKinsey schätzte das volkswirtschaftliche Einsparpotenzial eines funktionierenden digitalen Verwaltungssystems auf 34 Milliarden Euro.
Blockchain muss aus der Ecke der Kryptowährungen geholt werden und als Technologie für eine effiziente Verwaltung anerkannt sein. Dazu bedarf es folgender Maßnahmen, die spätestens eine neue Bundesregierung schnellstmöglich angehen soll
Insgesamt ist also viel zu tun. Mit dem KommunalCampus, den ich seit einigen Monaten als Vorstand aufbaue, wollen wir zumindest den ersten Punkt vorantreiben. Für alles weitere bedarf es eines Zusammenspiels aus Wirtschaft und Politik, um die bestmöglichen Lösungen zu entwickeln und Deutschland wieder als Vorreiter in Technologiefragen weltweit zu etablieren.