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Altes Prinzip in neuen Kleidern – vom Teilen in der Sharing Economy

D er Begriff „Sharing Economy“ taucht immer wieder im Zusammenhang mit der Digitalisierung der Wirtschaft und vor allem der Plattformökonomie auf. Dabei ist das dahinterliegende Prinzip so alt, wie unser gemeinschaftliches Zusammenleben. Es geht darum, die vorhandenen Ressourcen optimal zu nutzen und dafür auch zum Beispiel eigene Werkzeuge einem Dritten zur Verfügung zu stellen.

Was seit jeher zum Beispiel in dörflichen Gemeinschaften gut funktioniert, ist gerade im unternehmerischen Bereich heutzutage wenig verbreitet. In vielen Unternehmen fehlt das Verständnis für die geteilte Nutzung vorhandener Ressourcen. Dabei sind es oftmals die Informationsdefizite, die dafür sorgen, dass teure Maschinen zeitweise ungenutzt stehen, anstatt von einem anderen in Anspruch genommen zu werden, der über eine Kostenbeteiligung etwas zum Deckungsbeitrag leisten würde.

Digitalisierung als Treiber

Hier kommt die Digitalisierung ins Spiel: durch digitale Plattformen oder virtuelle Vernetzung sind Unternehmen in der Lage, Informationsasymmetrien abzubauen und Daten über ungenutzte oder gesuchte Ressourcen in Echtzeit zur Verfügung zu stellen. Dies erfolgt nach dem Prinzip „asset over ownership“ und bedeutet, dass nicht das Eigentum übergeht, sondern freie Ressourcen als Kapazität oder Dienstleistung angeboten werden.

So haben sich zum Beispiel in einem Kunststoff-Cluster Werkzeugmaschinenhersteller zusammengetan und tauschen Informationen über freie Kapazitäten von so genannten Sondermaschinen aus. Die Informationen dafür werden wöchentlich in einer Email geteilt. Durch die regionale Nähe können diese schnell an Partner im Netzwerk weitergegeben werden.

Je mehr die Datenerfassung und Datenverarbeitung in die Produktion Einzug halten, umso früher können freie Kapazitäten oder entsprechende Engpässe identifiziert werden. D.h. die Digitalisierung liefert die Daten in Echtzeit und könnte im nächsten Schritt unmittelbar Kapazitäten anbieten oder im Netzwerk suchen. Spätestens mit der Etablierung von Smart-Contracting (automatisierter Vertragsabschluss Maschine zu Maschine) könnten diese Optimierung von Maschinenauslastung vollständig automatisiert ablaufen.

Das große Ziel: Effiziente Fertigung

Nicht zuletzt aus Nachhaltigkeitsaspekten ist das Teilen von bestimmten Ressourcen erstrebenswert. Die Effizienz des Gesamtsystems wird gesteigert und unter dem Strich müssen die Unternehmen weniger investieren. Vor allem der Mittelstand kann von einem solchen System des Teilens profitieren.

Es ist daher wenig überraschend, dass klassische Formen des Teilens bereits im Bereich kleinerer und mittlerer Unternehmen vorhanden sind. Es gibt zum Beispiel im landwirtschaftlichen Bereich Genossenschaften, die schon seit vielen Jahrzehnten die gemeinsame Vermarktung der Produkte, teilweise aber auch den Einsatz von Maschinen zu unterschiedlichen Zeiten ermöglichen. Allerdings ist die Genossenschaft als eigenständige Rechtsform noch nicht vergleichbar mit der Idee einer völlig flexiblen Sharing Economy.

Makroökonomisch betrachtet ist ein Wirtschaftssystem dann effizient, wenn keine freien Ressourcen ungenutzt sind. Dies bedeutet übertragen auf die vorhandenen Strukturen einer Genossenschaft, dass ein freier Markt für die vorhandenen Ressourcen geschaffen werden müsste, zum Beispiel durch den Aufbau einer eigenen Plattform.

In jedem Fall bedarf es aber einer Lösung, die auf der einen Seite möglichst viele Akteure einbindet und gleichzeitig sicherstellt, dass es zu keinen Ressourcenkonflikten kommt. Darüber hinaus darf der Aufwand für die Abwicklung (Identifikation, Buchung, Abrechnung) nicht so groß sein, dass dieser die eingesparten Ressourcen wieder aufbraucht.

Kulturellen Wandel zu neuer Offenheit mit kleinen konkreten Schritten einleiten

Organisationsübergreifende Nutzung von Ressourcen bedeutet für viele Unternehmen einen kulturellen Wandel. Unternehmen haben die Verantwortung, ihre Mitarbeiter in kleinen, konkreten Schritten an das Thema heranzuführen. Starten sie als Unternehmer doch damit, mit ihren leitenden Mitarbeitern freie Kapazitäten, die Dritten zur Verfügung gestellt werden könnten, aufzulisten und zu überlegen, wem sie diese anbieten könnten. Überlegen sie dann, wie sie dieses Angebot den möglichen Interessenten unterbreiten können. Eine Vernetzung könnte zum Beispiel über regionale Branchencluster oder die IHKen organisiert werden.

Der dritte Schritt ist dann der Aufbau funktionierender Prozesse, hier ist vielleicht gar keine komplexe Software notwendig. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Whatsapp-Gruppe beteiligter Unternehmen zur schnellen Kommunikation verfügbarer Ressourcen. Wenn sie dann vor der Entscheidung stehen, die Produktion zu digitalisieren und agil zu gestalten, planen sie Schnittstellen für die Sharing Economy von Anfang an mit ein. Eine modulare Fertigung, die hochflexibel ist, baut vor allem darauf auf, dass nicht alle Module gleich ausgelastet sind. Diese Module können Dritten zur Verfügung gestellt werden, ohne dadurch die eigenen Produktionsziele zu gefährden.

Fazit – Sharing ist das Herzstück agiler Systeme

Fassen wir also zusammen, Teilen von kostspieligen Ressourcen ist mit Hilfe digitaler Technologien heute einfacher als je zuvor. Informationsbarrieren können überwunden werden und es entstehen win-win-Situationen. In immer volatileren Wertschöpfungsnetzwerken kann die Fähigkeit zur Kooperation und dem Teilen von Ressourcen eine Schlüsselkompetenz werden.

Was heißt das konkret für Sie als Unternehmer? Durchleuchten Sie Ihre Strukturen und Ressourcen kritisch und identifizieren Sie genau die Ressourcen, die zeitweise ungenutzt sind. Versuchen Sie diese in regionalen Netzwerken anzubieten und Mitstreiter für den Aufbau einer Sharing-Plattform zu gewinnen.

 

Dr. Alexander Bode